Die Einführung der Sperrstunde ist nun bereits 5 Jahre alt und so langsam verschwinden auch diejenigen unter den Studierenden, die noch ein Bamberg ohne Sperrstunde kennen. Als zu Anfang der Aufschrei der Gegner*innen der Sperrstunde noch groß war, scheint sich der Widerstand langsam bei vielen verflüchtigt zu haben. 2000 Menschen waren 2013 in Bamberg auf der Straße, um gegen die Sperrstunde zu demonstrieren, während inzwischen die Resignation vor einem – so scheint es – festgefahrenem Stadtrat zu dieser Entscheidung bei manchem gesiegt hat. Das ist schade, denn ein kleines Jubiläum, wie es die fünf Jahre darstellen, eignet sich dazu, darüber nachzudenken, ob die Sperrstunde tatsächlich das geeignetste Instrument war, um die Sorge einiger Bürger*innen um ihre Nachtruhe zu mildern. Dies haben wir im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 02.07 getan. Auf unserer Einladung kamen Klaus Stieringer (Geschäftsführer des Stadtmarketings Bamberg und Fraktionsvorsitzender der SPD Bamberg), Wolfgang Grader (Stadtrat der Grünen Alternativen Liste), Daniela Reinfelder (Stadtrat von Bamberg unabhängigen Bürgern), Julian Megerle (stellv. Vorsitzender des studentischen Konvents) und Stefan Wolf (Vorsitzender des AK Kommunales des stud. Konvents und Beziriks- und Kreisvorsitzender der JuLis) um zu diskutieren. Die Veranstaltung im ehemaligen Morph Club leitete Jonas Merzbacher (Bürgermeister von Gundelsheim).
Welcher Ort in Bamberg würde sich besser eignen eine Bilanz zur Sperrstunde zu ziehen als der Morph Club, ein geradezu ‚historischer‘ Ort? Die Schließung des Morphs, da sind wir uns wohl alle einig, war für jeden von uns ein Verlust. Theaterprojekte, Poetry slams & zahllose Live-Auftritte: das Morph bot wie kein anderer Ort in Bamberg einen kulturellen Raum, insbesondere für alternative Kultur. Dass das King Lui und der Morph Club geschlossen haben, daran ist nicht nur die Sperrstunde schuld, aber sie hat doch mit einen Ausschlag für die Schließungen gegeben. Alle anderen Betreiber*innen der Bamberger Nachtkultur sind, wenn sie auch nicht zugemacht haben, natürlich ebenso betroffen. Auch sie müssen mit den kommerziellen Einbußen durch die Sperrstunde zurechtkommen.
Zu Beginn der Veranstaltung stellte Claas Meyer, Unterbezirksvorsitzender der Jusos Bamberg-Forchheim, polizeiliche Daten vor, die die Frage, ob die Sperrstunde eine Wirkung hat, statistisch beantworten sollten. Trotz der Aussage des bayrischen Innenministers Joachim Hermann, dass Delikte unter Alkoholeinfluss sowie Ruhestörung in Städten mit Sperrstunde zurückgehen würden, konnte ein Bamberger Polizeibericht von 2012 diese Aussage nicht bestätigen. Falko Tesch M. Sc., TU Dresden und Lukas Hohendorf B.A., Uni Bamberg haben sich in einem Working Paper mit der Wirkung der Sperrstunde abermals beschäftigt, um den Aussagen des Bamberg Polizeiberichts ein Mal zu überprüfen. Grundlage dabei waren die Entwicklung der Delikte Ruhestörung, Körperverletzung, Streit/Randale und Sachbeschädigung zwischen 2002 und 2013 für 2013 bayrische Städten. Es zeigt sich, dass insgesamt in aller 13 Städten die Zahl der Delikte um fast 20% gestiegen ist und die Zahl der Delikte zwischen 02:00 und 06:00 sogar um fast 65% gestiegen ist. Wesentliche Einflussfaktoren auf die Deliktanzahl hat die Anzahl der 20 bis 24-jährigen Bewohner*innen und auch die Anzahl der Tourist*innen in der Stadt. Weiterhin muss bei der Auswertung der Wirkung der Sperrstunde die Anzahl der Delikte, welche tagsüber verübt werden, berücksichtigt werden. Die Auswertung der Daten unter diesen Kontrollvariablen zeigt, dass kein statistisch feststellbarer Zusammenhang zwischen Sperrstunde und einer Veränderung von Delikten, wie zum Beispiel Ruhestörung festzustellen ist.
Die Stadträte der Sperrstunde (Daniela Reinfelder und Wolfgang Grader) gaben zu, dass nach der Verschärfung der Sperrstunde keine weiteren polizeilichen Berichte zur Wirkung der Sperrstunde eingeholt zu haben. Sie versprachen allerdings dies nachzuholen. Die Befürworter der Sperrstunde setzten weiterhin dagegen, dass die Sperrstunde – wenn sie nach der vorgestellten statistischen Analyse auch nicht den gewünschten Effekt herbeiführt – man dennoch vom Gefühl her eine ruhigere Innenstadt durch die Sperrstunde habe. Außerdem habe die Sperrstunde die Beschwerden von Bürgern und Bürgervereinen über nächtliche Lärmbelästigung drastisch gesenkt. Die Sperrstunde stelle aus ihren Augen einen guten Kompromiss dar. Alle Feierwütigen dürfen zwar weiterhin feiern gehen. Für sie muss aber dann um zwei Uhr Schluss sein. Wolfgang Grader warnte sogar davor das Thema Sperrstunde wieder auf die politische Tagesordnung zu bringen, da man durchaus eine noch striktere Sperrstunde einsetzen könnte.
Für Klaus Stieringer war das Thema Sperrstunde durchaus noch nicht abgehakt. Er ermunterte dazu das Thema wieder in die Lokalpolitik einzubringen.
Auf Seite der studentischen Vertreter*innen (Julian Megerle & Stefan Wolf) hingegen überwiegte das Unverständnis am Festhalten der Sperrstunde. Insbesondere anhand der Daten habe sich gezeigt, dass die Sperrstunde keinerlei Verbesserungen gebracht habe. Es bleibe das Gefühl einer Maßnahme, die nur gefühlte Besserungen verspreche. Daher stelle die Sperrstunde nur eine Art Symbolpolitik dar und man bräuchte sie dementsprechend nicht.
Einen ganz neuen Ansatz brachte ein Vertreter der Partei die Partei Bamberg aus dem Publikum ein. Er bemängelte, dass ein großer Teil der Bevölkerung Bambergs durch die Sperrstunde insofern diskriminiert werde, da sie einen ganz anderen Schlafrhythmus habe. So solle doch für Kleinkinder, Studierende, aber auch manche Freiberufler*innen eine Sperrstunde zu den Mittagszeiten eingeführt werden.
Wir, die Jusos Bamberg-Stadt, werden auf jeden Fall jetzt weiterhin am Ball bleiben und demnächst einen Antrag für den Stadtrat verabschieden, der anstreben wird die Sperrstunde aufzulockern.